Sitzen und Rauchen

Sitzen und Rauchen ist so ein Moment, der sich schwer beschreiben lässt. Es ist wie das Beobachten von Wellen im Ozean, das Vorbeiziehenlassen von Wolken an einem frühlingshaftem Sonnentag.  

Sitzen und Rauchen ist all das. Der Moment in dem sich der Mensch setzt, sein Drehwerk rauskrahmt und sich was auch immer aus Papier und Räucherwerk zusammen konstruiert. Dieser Moment ist unvergleichlich. Es ist das innere Kind, dass im Alleinsein seine Genugtuung findet. Die Elemente bändigt und im Anblick des aufsteigenden Rauches zum Göttlichen meditiert.  

 

Ob das nun bewusst oder unbewusst passiert, ändert am Ritus nichts. Denn dass Rauchen ist so insgesamt sinnbefreit, dass es in jedem Fall zur absoluten Individualisierung dessen führt, der raucht.  

 

"Es gibt keine andere Erklärung. Es gibt viele Arten des Rauchens, aber diese hier ist meine (und dabei ist mir sogar meine eigene jedes mal fremd)"  

 

Mit anderen Worten: beschreibt man den Prozess des Rauchens mit dem, was tatsächlich beim Individuum vorgeht, wenn es raucht, so ist es eine meditative aufmerksame Auseinandersetzung mit einer höchst zeremoniellen Praxis.  

 

Tabak und Räucherwerk werden seit jeher zu Dankbarkeit und Kommunikation mit den Göttern verwendet.  

 

Feuer. Lodernd und heiß. Gleißend und aus dem Nichts kommend. Als Absolutes. Als Urkraft um die Energien aufzulösen und zu vermischen.  

 

Eine Konstruktion, die Zigarette, die wie ein Mandala mit Achtsamkeit konstruiert wird, um sie dann wieder zu zerstören.  

 

Ein heiliger Moment, in dem alles zusammen kommt, mit dem eigenen Atem vermengt und so mit den innersten Intentionen angefacht, um es dann in Rauch aufgehen und vom Winde verwehen zu lassen.  

 

Dieser Moment, völlig intuitiv und frei gewählt und in Selbständigkeit ausgeführt.  

 

Alles zusammen ist das von Beginn bis Ende ein Gottesdienst.  

 

Und genau darum so unerklärlich. Vielleicht sogar unnötig. Doch solange es passiert, ist es heilig. Also stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit nicht. Es zeigt nur, dass diese heiligen Momente noch passieren dürfen, um an das Heilige in dieser Welt zu erinnern.  

L.