Die nutzlose Generation

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Endlich: Der Abend, auf den schon alle seit einer halben Ewigkeit gewartet haben und der Motivation genug war, die Strapazen des Alltages wieder einmal bis zum Ende hin überstehen zu können. Ja, wieder ist eine Woche vergangen und es ist Freitag! Der Tag, der das Ende der Arbeitswoche einleitet und seine Gäste erneut dazu einlädt, die eigene Seele mit billigem Fusel zu überschwemmen. Wochenende ist High Life, nichts wurde sehnlicher erwartet, denn die auf bedeutungsloses Vergnügen konditionierte Existenz kann sich ohne das Wochenende keinen Grund mehr vorstellen, überhaupt noch aufzustehen.

Darin sind wir alle gleich, ob nun der Schmalverdiener aus der 20 qm-Hartz-4-Wohnung oder der finanziell Unabhängige, der seinen hedonistischen Lebensstil aus Papas Geldbeutel befriedigt. Es dreht sich alles nur um Lust. Lust auf Alkohol, Lust auf Sex, Lust darauf, wieder mal das Loch im Innern mit Ablenkung zu stopfen anstatt mit Zielen. Doch wo kein Loch mehr ist, ist auch kein Platz mehr für Ziele. Dabei sind Ziele ausschlaggebend, um das eigene Dasein mit etwas Tiefgang zu beleben.

Oberflächlichkeit hat bekanntlich keinen Tiefgang und wer nur oberflächlich lebt, der erlebt auch nur die Oberfläche, so wie die Spitze des Eisbergs auch nicht mehr, als die Spitze des Eisbergs ist.

 

Sicher, um abzutauchen und so die eigene Größe zu erkennen muss man ins kalte Wasser springen und das kann unangenehm sein. Schließlich muss man dazu das eigene Handeln reflektieren und wer interessiert sich schon dafür, was er gestern getan hat? Frei nach dem Motto: „Ich sollte weniger trinken, aber ich hör doch nicht auf so einen versoffenen Alkoholiker wie mich.“

Im Spiegel der Natur erkennen wir uns selbst. Nur müssten wir mal hineinschauen. Dann würden wir unter Umständen bemerken, dass mit voranschreitendem Klimawandel nicht nur die unentdeckten Riesen an den Polarkappen schmelzen. Auch unser unentdecktes Potenzial ertrinkt in überhitzten Gemütern. Ständig angeheizt von Sex Sells und kurzlebigen Befriedigungen beim Erwerb von irgendwelchem, umweltbelastendem Schrott.

Solange nur groß genug Gucci drauf steht, ist es egal, welche Qualität dahinter steckt. Marken sind nun mal nicht wie Bio, bloß weil teuer auch gleich gut. Marken sind eben einfach nur teuer. Produziert werden sie genauso in Bangladesch und China, in ebenso ausbeuterischen Betrieben wie H&M und Primark, und haben damit eine ähnlich bescheidene Ökobilanz wie Dieselfahrzeuge. Aber warum sich darüber Gedanken machen?

Wer kauft schafft Nachfrage und Nachfrage schafft Arbeitsplätze, man ist also fast Wohltäter. Außerdem kauft man sich die Dinge ja nicht, um damit Rücksicht zu nehmen, sondern weil man es kann! Zeitgleich ist es ohnehin viel wichtiger, auf Instagram unbezahlt Werbung dafür zu machen und am Wochenende in den Clubs, als wandelnde Litfaßsäule herum zu torkeln. Wer Belvedere trinkt, muss auch Marken tragen.

 

Doch so einfach macht es uns Mutter Natur nicht. Als Krone der Schöpfung ist es in unserer Natur, Dinge zu hinterfragen und so wird der Tag kommen, an dem sich die Seele durch all den Plastikmüll kämpft und an das Tor zum Bewusstsein klopft. Dann geht einem vielleicht auf, dass man vom Leben doch noch mehr erwartet hätte, als Großindustriellen das Maul mit Kleingeld zu stopfen und dass die Leere im Innern längerfristig nicht mit Vergnügen gestopft werden kann. Wer nur immer den Spaß sucht, wird auch immer das Glück suchen, nur wer im Wenigen das Glück findet, der hat auch Spaß mit Wenig. Beim Vergnügen auf Pump ist es wie mit allen Drogen: Je mehr man davon konsumiert, desto höher steigt die Toleranz und final steigt dadurch das Verlangen.

Doch was soll man da machen? Eigentlich liegt das auf der Hand: Nein sagen!

Es gilt vielmehr, einen Schritt weg von all der Oberfläche, dann tief Luft holen und abtauchen, um den eigenen Berg unter der Wasserkante zu erkennen bevor er verschwunden ist.