Über die Begegnungen unseres Lebens 

Hallo Schönheit,  

wir kennen uns nicht. Zu bedauerlich. Doch das Leben hatte andere Pläne für uns. Ich weiß noch, als wir uns begegnet sind. Einen kurzen Augenblick. Einen Hauch im Laufe der Zeit. Deine Augen trafen mich. Zwischen leeren Gesichtern suchten sie meines. Verfingen sich in meinem Blick und banden mich den Rest meines Lebens an dich.  

Wir kennen uns nicht. Zu bedauerlich. Was hätte aus uns werden können? Zu einer anderen Zeit, in einer anderen Welt. Am Ende war es wohl Schicksal. Auch gibt es keinen Grund für mich, den Vergangenheiten nachzuhängen, doch spielt mein Geist mit den Möglichkeiten. Gleichsam wie er sich fragt, was du wohl gerade tust. Wie es dir geht. Ob du glücklich bist.  

Ich weiß, du hast damals das gleiche gefühlt. Über Sprachbarrieren hinweg, ganz ohne Worte, verlor ich mich in der Schwärze deiner Augen. Fand mich in der Tiefe deiner Seele wieder und für eine kleine Ewigkeit vergaß ich mich. Für einen kurzen Moment unserer beiden Leben waren wir zu Einem geworden. Für einen kurzen Moment waren wir keine Individuen mehr, sondern gänzlich das andere Wesen. Als schauten sich unsere Seelen in einer Perspektive, die nur demjenigen zugänglich ist, das wahrlich göttlich schaut.  

Eine Verbindung, die aus anderen Zeiten, anderen Welten stammte, und sich in jenem Moment erkannte. Doch gleichsam wusste, dass diese Welt mit ihrer Zeit nicht die unsere war. Und dennoch frage ich mich heute, was wäre geschehen, hätte ich dich einfach angesprochen. Dir einfach gesagt, was ich in diesem Momente fühlte. Dich einfach umarmt und vor Glück geweint. Du warst meine Seele. Ich die deine und zuletzt dort die Welt, die verhinderte sich in diesem Leben zu vereinen.  

Doch so sind sie, flüchtige Augenblicke. In einem Moment ist alles gesagt, alles getan, was es noch zu tun gab. Das ganze Leben hatte einen auf diesen Zeitpunkt vorbereitet, um einen dann sprachlos zurückzulassen. Es hätte nicht viel gebraucht. Vielleicht nur eine Hand voll Sekunden und wir wären uns nie begegnet. Hätten keine Blicke getauscht und ich würde heute, so viele Leben dazwischen, nicht an dich schreiben.  

Was ich dir sagen will, ich will dir danken. Auch wenn ich deinen Namen nicht kenne, nicht weiß, wo du bist. Du bist mir begegnet, als ich es am meisten gebraucht habe. Deine Augen, deine Züge. Wie ein Puzzle ergänzte sich deines in meinem und erfüllte das, was bei mir noch lückenhaft schien. Es geht nicht darum, dass ich mir wünsche, es wäre anders gelaufen. Heute blicke ich mit einem Lächeln auf diese Situation zurück. An so viele dieser Situationen. Es passiert selten, doch nicht selten genug, es nicht als atemberaubend zu erinnern.  

Diese unzähligen kleinen Augenblicke, die so viel mehr sagen, als mit Worten auszudrücken ist. Manchmal ist es Liebe auf den ersten Blick. Und obgleich niemand weiß, was Liebe ist, so ist sie doch das Gefühl, das genauso schmerzhaft ist, wie es unbesiegbar macht. Es heißt, die Liebe kann dich Berge versetzen lassen, während du im nächsten Atemzug unter ihnen zerbrichst. So ist das mit der Liebe, am Ende sucht man sie sich nicht aus. Sie trifft einen, wenn man am wenigsten damit rechnet und auch wenn sie einem beizeiten das schlagende Herz aus der Brust reißt, so kann man doch nicht ohne sie leben.  

Über Grenzen hinweg begleitet sie dich auf den Wegen deines Lebens. Hilft dir auf, wenn sie dich zum Stürzen bringt und lässt dich links liegen, wenn du sie erzwingen willst. Was ich sagen will: Ich weiß nicht, ob du heute, so viele Augenblicke später, auch an mich denkst. Ob dein Leben es zulässt, in Erinnerungen zu schwelgen und du jenes Gesicht vor dir siehst, das du in der Leere einer grauen Masse entdecktest. Dessen Augen in die Wahrheiten deiner Seele blickten und dich aus deinem Alltag rissen, wie sie mich heute davon ablenken.  

Du warst das Schönste, das ich bis zu jener Zeit gesehen habe. Die vollendete Idee einer schöpferischen Inspiration. Die Vereinigung von Gegensätzen zu seinem atemberaubenden Gleichgewicht. Und gerade darum in der tragischen Position, in der ich dich fand.  

Denn, und das weiß ich heute, nachdem ich verstanden habe, was ich in diesem Moment bereits wusste. Du warst nicht frei. Nicht frei zu gehen. Nicht frei mit mir zu sprechen. Nicht frei in deiner Liebe. Wie gerne hätte ich dich entführt. Geraubt aus den Zwängen deiner familiären Verbindungen. Hätte dir die Welt gezeigt, wie ich sie erlebte. Hätte deine Ketten gesprengt und dich aus dem goldenen Käfig befreit, in den deine Seele sich verpflichtet hatte. Doch war uns dieses nicht bestimmt.  

Unsere Wege trennten sich, dem Blick noch lange nachhängend, verließt du meine Welt, gezogen durch die rechte Hand des Staates an deinem Finger. Und heute muss ich mich damit begnügen, dir wenigstens für einen kurzen Moment die Freiheit geschenkt zu haben. Die Freiheit, dich in mich zu verlieben und in mir zu verlieren. Ich weiß heute nicht, ob ich dich damit noch mehr ins Verderben gestürzt habe. Ich weiß heute nicht, ob es dir gut geht, ob du glücklich bist und ob du liebst, was deine zweite Hälfte bildet.  

All das war nicht unsere gemeinsame Zukunft. Und so bleibt mir lediglich zu beten, dass du deine eigene hast. Denn als ich dich verließ, ließ ich dich in einer Welt zurück, in der ich dich wohl nie wieder finden würde. Und selbst als sich unsere Welten für einen Augenblick trafen, so verschieden sind sie heute. Denn während sich die Kontinente zwischen uns drängten, so trieben die Geschichten, die unsere Leben beschrieben, fortlaufend auseinander wie zwei Parallelen, nachdem sie sich irgendwo in der Unendlichkeit trafen.  

Was bleibt ist die Erinnerung. Eine Erinnerung, die mich den Rest meines Lebens begleiten wird. Eine Erinnerung an die wohl tragischste Schönheit, die ich je in den Augen eines anderen erkennen konnte. Eine Erinnerung wie aus einem Traum, einer Welt, die zwar parallel zu laufen scheint und dennoch gänzlich anders ist als die Meine. Ob sich Parallelen in einer Unendlichkeit zweimal zu begegnen wagen, liegt außerhalb dessen, was ich zu wünschen bereit bin.  

Und doch möchte ich sagen, man sieht sich immer zweimal im Leben. Und solange es lebt, begegnet es sich. Das Leben, die Liebe, das alles. In unterschiedlichen Ausführungen, faszinierenden Details und atemberaubenden Zufällen. Ich bete für dich, sende dir so viel Liebe, wie es mir möglich ist und ich glaube daran, dass egal, wo du heute bist, egal, wer deine Seite ziert, egal, was du machst, dass sie dich finden wird.  

Es bricht mir das Herz. So viele Gesichter, die mich aus meiner Vergangenheit heraus betrachten. Ihre Augen, ihre Lippen. Sie blicken zu mir, flüstern meinen Namen und erinnern mich daran, dass jeder Moment einzigartig ist. Jeder Moment ein vollendetes Universum in dem es so viel unendliche Möglichkeiten gibt wie Raum.  

In meinem Geiste sehe ich sie vor mir, die möglichen Welten. Das alles, was geschehen wäre, wenn es geschehen wäre. Vielleicht sollte man nicht in solchen Bildern verharren, nicht in Eventualitäten schwelgen. Doch kann ich nicht anders und so frage ich: Was hätte aus uns werden können…?  

Das Leben ist eine seltsame Sache. Begegnet dir mit allerlei Sinnlosigkeit, um dir dann am Ende erst deren eigentliche Bedeutung zu zeigen. Die Kunst ist, sich davon nicht ablenken zu lassen. Die Kunst sich in der Erinnerung an deine Augen zu verlieren und aus Freude heraus darüber zu trauern. Eines jedoch weiß ich, solltest du mir je wieder begegnen, sollten sich unsere Wege ein weiteres Mal kreuzen. Sich unsere Schicksale in der unendlichen Weite des Weltalls ein weiteres Mal wiedersehen, werde ich auf dich zugehen, werde dich ansprechen und sagen:  

"Hallo, mein Name ist Luca. Es freut mich von ganzem Herzen dich kennenzulernen…"