Über das Leben

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Die Thematik des Lebens in einem Essay zu Papier zu bringen, ist sicherlich vermessen und ich bin definitiv nicht mit dem richtigen Vermögen gesegnet, um dieses gedanklich voll und ganz zu durchdringen. Dennoch entstehen diese Zeilen aus einem Impuls heraus, der dem Menschen scheinbar in die Wiege gelegt ist. Seit Menschen ihre Spuren auf Höhlenwänden hinterlassen haben, sind diese Fragen nach dem Sinn von Allem, Teil unseres evolutionären Erbes. Der Mensch entwickelte aus einem genetisch zufälligen Prozess heraus die Fähigkeit, Gegebenheiten zu hinterfragen. Im Laufe seiner Sesshaftigkeit interpretierte er fälschlicherweise hieraus die angebliche Krone, die er sich selbst aufsetzte und sich damit einbildete das evolutionäre Ziel des Lebens zu sein. Das ist ziemlich vermessen für ein Wesen, das nur einen Bruchteil der Sinne hat, die es benötigen würde, um die unzähligen, für uns unsichtbaren, Phänomene dieser Welt zu erkennen. Kann ein König, König sein auch wenn ihm nur ein Bruchteil seines Reiches bekannt ist?

Um diese Frage zu beantworten, sollten wir uns jedoch nicht an der Geschichte orientieren. Diese hat uns oft genug gezeigt, dass es eben solche Herrscher gab, nur scheint einem doch die Vernunft, in Anbetracht dieser Tatsache, fast schon zu verbieten, dies als optimal zu definieren. Ein wirklicher Herrscher sollte sein Reich nicht nur kennen, sondern er sollte auch damit umzugehen wissen.

Der Mensch tut weder das eine noch kann er das andere. Woher also diese Hochnäsigkeit gegenüber den „niederen“ Kreaturen?

Infolge dieser Fragestellung hört man immer wieder Antworten, welche die technische Überlegenheit, die wir im Allgemeinen den Tieren voraus haben, propagieren. Es stimmt, Elefanten bauen keine Computer und Delfine erfinden keine Flugzeuge, aber wozu sollten sie auch?

Interessanterweise sonnt sich der Mensch so sehr in seinem technischen Fortschritt, dass er dabei völlig übersieht, dass er verlernt hat zu leben. Ja nicht nur zu leben, sondern auch sich selbst zu kontrollieren. Ein Blick in die Fußgängerzone genügt. Schon die Fußstellung der groben Masse ist unterentwickelt, wodurch sich die Achsen im Körper verschieben und andere Probleme wie Knie-, Hüft-, Rücken-, Nacken-, Kopfschmerzen usw. verursachen. Gut wir können Autos fahren, haben dabei aber verlernt, wie man richtig geht. Ferner muss ein ausgewachsener Mensch ca. sechs bis acht Mal pro Minute atmen, um seinen Körper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Ein achtsamer Blick zeigt, der Mensch von heute atmet mehr. Deutlich mehr, im Schnitt 12 bis 14 Mal, in Extremfällen um die 20 Mal. Ja wir können virtuelle Geldmengen im Wert von Dagobert Ducks Bunker online einmal um die Welt transferieren, merken dabei aber nicht, dass wir so gestresst sind, dass wir verlernt haben zu atmen. Ein abschließender Blick in den Querschnitt zeigt im Weiteren, wir sind zu fett, weil wir verlernt haben zu essen und zu trinken.  Wir sind Operationsweltmeister, weil wir verlernt haben unsere Selbstheilungskräfte zu entdecken und zu benutzen. Wer hier zweifelt mag sich über den sogenannten Placebo Effekt informieren. Zu guter Letzt funktioniert auch unser hochgelobter Verstand nicht einwandfrei, was die enorme Zunahme an Depressionen, Burnout, Antriebslosigkeit, usw. beweist.

Kurz, es stimmt, wir können so vieles mehr als alle anderen Lebensformen auf diesem Planeten, jedoch sollte spätestens hier auffallen, dass wir das Wesentliche nicht können. Leben!

Der Mensch mit seinen vorlauten Allmachtvorstellungen, der sich selbst als Ebenbild Gottes bezeichnet, ist daher sicherlich das einzige Lebewesen, welches das Leben aus seinem Wesen verloren hat. Wenn dem so ist, dann verzichte ich gerne auf meinen göttlichen Anspruch und orientiere mich lieber an den Tieren. Ein Tier als animalisch zu bezeichnen, ist für jenes Tier sicherlich keine Beleidigung. Ein Mensch dagegen fühlt sich hiervon deutlich mehr beleidigt, wobei menschliches Verhalten in diesem Vergleich nicht unbedingt die bessere Wahl ist. Das menschliche Verhalten, also jenes, das an den Tag gelegt wird und nicht jenes, wozu der Mensch im Optimalfall fähig wäre, ist eher bestialisch und schlicht idiotisch. Gerade im Bezug auf unseren Umgang mit unseren Mitmenschen und unserer Umwelt.

So ist beispielsweise das Wetter, das wir vergangenen Sommer als „verändert“ wahrnehmen konnten, die Konsequenz unseres Verhaltens von vor 15 Jahren. Damit bleibt unser Wetter in den nächsten Jahren spannend, da unser ökologischer Fußabdruck in den vergangenen Jahren deutlich größer geworden ist, als noch vor 15 Jahren und das trotz Elektroautos, Solarenergie und verändertem Umweltbewusstsein. Wer hier noch skeptisch ist, sollte die steigenden Konsumentenzahlen mit den sinkenden endlichen Ressourcen vergleichen. Daher ist die Kehrseite des stetigen Wachstums die schwindende Aufmerksamkeit auf das Reale.

Menschen sind also, wie auf alles, was aus ihrem brillanten Verstand kommt, wahnsinnig stolz auf ihr menschliches Verhalten und die Distanzierung zum Animalischen. Doch bedeutet menschliches Verhalten nicht auch Menschlichkeit? Gerade die Menschlichkeit ist jedoch im Zusammenhang mit Verbrechen eine verschwindende Position. Sicher die Zahlen und Statistiken offerieren einen Niedergang von verbrecherischem Handeln gerade im Kontext immer größerer Einwohnerzahlen, doch die Verbrechen, die wir begehen sind bestialischer als jedes Tier jemals zu tun im Stande wäre. So belaufen sich die Opferzahlen von 2001 bis 2014 des „War on Terror“ in Irak, Afghanistan und Pakistan, je nach Quellenlage auf weit über eine Million Tote. Davon waren die meisten Menschen wie du und ich, Zivilisten.

Gut, Krieg mag etwas rein Menschliches sein, ist deswegen aber nicht unbedingt besser als animalisch. Doch auch unsere Nahrungsbeschaffungsmaßnahmen, sind in der Natur beispiellos. Kein Löwe jagt mit Gewehr oder Massentierhaltung.

Vielleicht ist es an der Zeit inne zu halten, schlicht und ergreifend aufzuhören mit dem was man tut und mal bei null anzufangen.

Zum Beispiel beim Atmen.